Montag, 4. Juni 2018

Rolltop Bag Vol. 2

Meine erste bewusste Begegnung mit einer Rolltop-Tasche war der wasserfeste Sack, den ich für unseren Großen gekauft habe. Bald geht er ins Schullandheim und benötigt für seine Sachen ein wasserfestes Behältnis, damit sie die Kanu-Fahrt in den gefährlichen Fluten der Altmühl trocken und heil überstehen. Insbesondere seine Diabetes-Utensilien, wie Pens, BZ-Messgerät, Handy und Traubenzucker, auf die er angewiesen ist, müssen - wenn er nicht vorzeitig die Freizeit abbrechen will - trocken bleiben.

Meine erste Begegnung mit einem Rolltop-Rucksack, der in mir den Wunsch des Habenwollens auslöste, hatte ich beim Durchblättern der aktuellen burda kids 2018. Der Rucksack 628 hat es mir tatsächlich angetan (Ich hatte mir gerade alte Jeans in Streifen geschnitten und zusammengenäht und war noch auf der Suche nach einem passenden Ding, das sich daraus herstellen lassen würde). Doch dazu mehr in einem anderen Post...


Ihr kennt das sicherlich, und plötzlich sah ich überall nur noch Rolltops!


Wunderbar retro mit den Lederriemen und Rollschnallenverschlüssen, kernig, robust, genau mein sportlicher, lässiger, anti-Schickimicki - Stil.
Doch die Sache hatte einen Haken: als praktisch veranlagter Mensch empfinde ich diese Rucksäcke im urbanen Leben als äußerst umständlich, die Schultergurte aus Lederriemen unbequem, der schnelle Griff nach dem Geldbeutel wird durch den aufwändigen Verschluss erschwert und macht den täglichen Einkauf zu einem völlig überflüssigen, feinmotorischen Fingertraining.
Ein echtes Dilemma!

Das umständliche Handling wurde nach dem Gebrauch meines ersten Rolltop-Rucksacks (der, den ich in einem anderen Post noch vorstellen werde) bestätigt. Für den schnellen Zugriff und die Ordnung haben viele Rucksäcke und aufwändigere Rolltops zusätzliche Taschen, was den Herstellungsaufwand erhöht, aber unabdingbar ist für Menschen, die immer in Eile sind.

Auch hat sich herausgestellt, dass durch die rechteckige Form des Burda-Schnittmusters, der Rucksack unten schlanker wird, wenn er befüllt ist. Meine kritische Männerbande fand das doof, dass die Tasche oben so absteht...
Aus Fehlern lernen oder besser noch Versuch macht klug, wie es so schön heißt, also habe ich mich an den PC gesetzt und losgelegt. Als Ebook-Autorin und CAD-Meisterin habe ich den Vorteil mit einem vektorbasierten Grafikprogramm arbeiten zu können und das Teil von allen Seiten zu betrachten und  durchzudenken, bevor es zugeschnitten und genäht ist.
Hier seht Ihr nun das Ergebnis meiner Bemühungen.
Auch wenn ich dem Minimalismus etwas nachtrauere, der dem Pragmatismus weichen musste,  bin ich sehr zufrieden.


Eine aufgesetzte Reißverschlusstasche für den schnellen Zugriff auf Handy, Geldbeutel etc.
Die Schultergurte habe ich mit Volumenvlies (das ich noch von meiner Patchworkdecke übrig hatte) gepolstert. Das ist etwas dicker und weicher als das aufbügelbare Volumenvlies und kann überall da verwendet werden, wo Bügeln nicht möglich ist.


Das Material ist ein grobes Segeltuch, das bereits vom Hersteller mit Antikwachs behandelt wurde und wasserfest ist. Dadurch hat es soviel Stand, dass eine Verstärkung mit Vlies nicht notwendig ist. Ich wage mal die Behauptung aufzustellen (ohne es getestet zu haben), dass sich das wachsbeschichtete Material gegen das Aufbügeln einer Vlieseinlage vehement wehren würde. Am Stylefix bin ich bereits gescheitert, das sich weigerte auf dem Material kleben zu bleiben.

Aufgrund der Steifigkeit des Materials habe ich auf eine Wendeöffnung verzichtet und das Futter direkt in die Außentasche gesteckt, den oberen Rand der Außentasche zweimal umgeschlagen und dann einmal ringsherum abgesteppt.
Bei der Verarbeitung entstehen Falten und Knicke im Stoff, so dass das Wachs an diesen Stellen bricht und helle Streifen entstehen. Es entsteht ein interessantes Muster, dass den Vintage.Look noch verstärkt.



Lieben Dank für's Lesen und ich hoffe Euch ein paar Anregungen, Inspirationen und Tipps mit auf den Weg gegeben zu haben und

Liebe Grüße
Heike


Schnitte und Material:
Rolltop Bag von mir
Stoff: "Waxed Canvas" von Funfabric,
Lederriemen mit Schnalle von Funfabric
Gurtband gelb/creme von Frau Tulpe,
Karabinerhaken, Schieber und D-Ring mit Steg in Messing von Snaply
Metallisierter Reißverschluss von Snaply
Lederrest und Label von Dortex
Futterstoff, H 630 und Quiltvlies aus meinem Fundus

8 Kommentare:

  1. Hallo,
    dein Rucksack ist super geworden. Ich nähe sehr viele Taschen und habe bereits öfter Bundeswehrseesack vernäht. Dieser Stoff wäre eine tolle Alternative und es gibt so schöne Farben.
    Danke für den Tipp.

    Viele Grüße
    Britta

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    1. Liebe Britta,
      nun hast Du mich mit Deinem Kommentar auf Deinen Blog gelockt. Deine genähten Taschen aus Bundeswehrseesack sind wirklich klasse und ein schöner Beitrag für Nachhaltigkeit.
      Liebe Grüße, Heike

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  2. Ich bin ja eingefleischter Insulinpumpenfan und Sensorverfechter... Schon ausprobiert? Erleichtert vieles enorm...

    Und wer darf denn das gute Stück nun mit sich herumtragen?
    Gibt's das auch in gelb?

    Ich häng ganz schön hinterher mit der Näherei...
    Und beim vektorprogramm war das bei mir eher so... Schwein und Uhrwerk. Keine Chance. Sehr bedauerlich.

    Ich liebe deinen Sinn fürs Detail und fürs schlichte Besondere und freue mich sehr mal wieder was zu lesen... Auf bald :-)

    Liebste Grüße.

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    1. Liebe Julia,

      auf welchem Gebiet bist Du eigentlich nicht bewandert?

      Sensor ist klasse, wir haben den Libre, der bei uns sehr zuverlässig misst. Mit der App bekomme ich jedesmal eine Nachricht aufs Handy, wenn Sohnemann misst. Das ist gerade in der Nacht sehr von Vorteil, weil ich nicht mehr aufstehen muss, sondern im Bett liegend entscheiden kann, ob ich liegen bleiben kann oder ob ich mit Insulin, TZ oder Keks eingreifen muss. Pumpe ist noch kein Thema, vielleicht irgendwann einmal, wenn ihn das Anhängsel nicht stört.

      Beim Nähen hinkt man immer hinterher, das liegt in der Natur der Dinge, Ufos halt...

      Ganz lieben Dank für Deinen Kommentar, es freut mich sehr, daß Dir der "Sack" gefällt <3

      Liebe Grüße, Heike

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    2. Ach Heike... Wenn du wüsstest...
      Meine Grauzone im Hirn entspricht rein kapazitär betrachtet sicher nicht dem sinnvoll genutzten Prozentzahlen.
      Ich gebe mir Mühe, bin neugierig, hake nach.
      Doch so furchtbar viel interessiert mich überhaupt nicht, leider auch wichtige Dinge (und davon findet, trotz mehrmaligem Lesen, auch nichts den Weg in mein Langzeitgedächtnis).

      Doch mit ein bisschen Erfindergeist kann man zum Glück einiges ausgleichen. Und wenn gar nichts hilft: freundlich lächeln und nicken..

      XD

      Liebste Grüße

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  3. Oh mein Gott! Mich hat das Foto auf facebook schon so umgehauen, dass ich unbedingt hier lesen musste, in der Hoffnung, herauszulesen, ob du den Schnitt mit Deinen verbesserten Änderungen, auf den Markt hauen willst. Ich bin eigentlich auch kein Rucksack-Typ, bei 3 "kleinen" Mädels echt unpraktisch, aber, ich bin ja nicht immer mit den Mädels unterwegs oder zum Wandern oder zum Schwimmen oder oder oder. Da fallen mir tausend Sachen ein. Ich finde ihn mega und hoffe sehr, dass Du daraus ein e-book machst ;-) lg Sandi

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    1. Liebe Sandi,
      das freut mich sehr, dass er Dir gefällt.
      Mal sehen wann Geheimling und Käppling fertig sind, ob dann noch ein "Alter Sack" in die Ling-Familie aufgenommen wird, sozusagen ein "Sackling".
      Liebe Grüße, Heike

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  4. Hallo Heike, einen mega Rucksack haste da genäht.
    Ich bin auch grad am sondieren diverser SM - aber wie deine "Männer" so richtig bemängelten - im befüllten Zustand (oft scho im ungefüllten Zustand)sieht ein Rechteck ebbes komisch aus. Verrätst du mir die Schnittführung für die optimale Optik sozusagen? (deine Klunski hab ich übrigens in abgewandelter Form als Reiseunterlagen Organizer genäht - klasse Teilchen:))
    VG Andrea

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